Ständig erreichbar, immer leistungsbereit – viele Menschen verlieren im Arbeitsalltag das Gespür für sich selbst und ihre eigenen Grenzen. Doch wer sich nicht abgrenzt, riskiert auf Dauer Erschöpfung, Unzufriedenheit und chronischen Stress. Dabei kann klare Abgrenzung nicht nur schützen, sondern auch neue Energie und innere Stabilität ermöglichen.
Warum ist es wichtig, im Arbeitskontext Grenzen zu setzen?
Grenzen zu setzen ist ein zentraler Bestandteil psychischer Gesundheit, auch im Arbeitskontext. Aus psychologischer Sicht helfen klare Grenzen dabei, sich selbst zu schützen, die eigene Identität zu wahren und langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Wer ständig über die eigenen Grenzen hinausgeht, riskiert Stress, Erschöpfung und langfristige Folgen wie Burnout.
Zudem stärken klare Grenzen das Selbstwertgefühl. Wer „Nein“ sagt, wenn es nötig ist, nimmt die eigenen Bedürfnisse ernst und handelt selbstwirksam, ein wichtiger Gegenpol zu Fremdbestimmung oder Anpassungsdruck. Zwischenmenschlich wirken Grenzen beziehungsfördernd: Sie schaffen Klarheit, beugen Konflikten vor und machen gesunde Kommunikation erst möglich. In einem Team, in dem jede:r gut für sich sorgt, entsteht ein Klima des Respekts – statt unausgesprochener Erwartungen und stiller Überforderung.
Oft wird das Setzen von Grenzen im Arbeitskontext mit Egoismus verwechselt. Als würde man sich entziehen oder nicht teamfähig sein. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Wer sich seiner eigenen Grenzen bewusst ist und diese kommunizieren kann, zeigt Verantwortung, nicht nur sich selbst, sondern auch anderen gegenüber. Es geht nicht darum, sich abzugrenzen, um weniger zu leisten, sondern darum, bewusst mit den eigenen Ressourcen umzugehen. Menschen, die ihre Grenzen achten, arbeiten langfristig motivierter, konzentrierter und gesünder. Sie brennen nicht aus und sind damit auch für andere besser ansprechbar und verlässlicher.
Warum fällt es oft schwer, Grenzen zu setzen?
Für viele Menschen ist es schwer, Grenzen zu setzen. Nicht, weil sie es nicht wollen, sondern weil das Setzen von Grenzen mit inneren Konflikten verbunden ist. Viele Menschen tragen tief verankerte Glaubenssätze in sich, die aus Kindheit, Sozialisation oder früheren Arbeitserfahrungen stammen. Diese unbewussten inneren Überzeugungen – sogenannte „innere Antreiber“ – lauten z.B.: “Mach es allen recht.”, “Sei beliebt.”, “Sei perfekt.” oder “Streng dich an.”
Solche Muster sorgen dafür, dass Menschen ihre eigenen Bedürfnisse oft vernachlässigen – aus Angst, abgelehnt zu werden, zu enttäuschen oder nicht dazuzugehören. Das Bedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit ist dabei ein zentraler psychologischer Faktor: Wer Grenzen setzt, läuft (gefühlt) Gefahr, ausgeschlossen oder abgewertet zu werden. Viele sagen deshalb „Ja“, obwohl sie innerlich „Nein“ fühlen.
Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben und Selbstwert ist ein weiterer wichtiger Faktor. Viele verbinden ihren Selbstwert eng mit ihrer Leistungsfähigkeit und dem Gefühl, gebraucht zu werden. Dadurch entsteht oft ein innerer Konflikt, wenn es darum geht, „Nein“ zu sagen, denn ein Ablehnen wird unbewusst als Versagen wahrgenommen. Aus Angst, nicht mehr „genügend“ zu sein, überschreiten sie häufig ihre Grenzen und riskieren Erschöpfung. Grenzen zu setzen ist also auch ein Schritt hin zu einem Selbstwert, der nicht an dauerhafte Leistungsbereitschaft geknüpft ist.
Wie kann ich Grenzen setzen üben?
Grenzen zu setzen ist erlernbar. Wenn Sie sich dabei Unterstützung wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.
